Mittwoch, Juli 31, 2002

El Salvador



Nur eine Woche können wir in diesem kleinen Land ohne grosse Tourismusindustrie verbringen – was zuwenig ist weil es hier doch noch einiges zu entdecken gäbe. Nicht wegen der Natur oder sonstigen Touristenhighlights, sondern wegen den Menschen. Die meisten Leute welche wir treffen sind sehr freundlich, haben immer ein Lächeln im Gesicht und wollen einem behilflich sein. Aber trotzdem treffen wir eigentlich kaum auf Reisende, immer noch ist die gängige Meinung dass dieses kleine Land Gewalttätig, schmutzig und teuer wäre. Aber wir finden freundliche und nette Zimmer zu einem Drittel des vom Lonely Planet angegebenen Preises.

In einem kleinen Dorf in den Bergen machen wir Halt um die Nacht zu verbringen...

Samstag, Juli 27, 2002

Bienvenidos Papa!

...kann man auf überall auf Bannern in der Hauptstadt Guatemala City lesen und die weiss-gelben Fahnen sind omnipräsent – denn der Papst besucht die Stadt just an dem Tag als wir die Hauptstadt Richtung El Salvador verlassen. Und so sind wir an diesem Tag wohl die einzigen Leute welche die Stadt verlassen wollen, denn die Latinos rasten völlig aus wenn sie das Kirchenoberhaupt besucht: Fast alle Autos sind mit Plastikfähnchen mit dem Papst geschmückt, die Leute tragen kitschige Papst T-Shirts und jeder will uns ein Papstposter verkaufen, von ganz Zentralamerika sind die Leute hier angereist. Wir jedoch investieren unser Geld lieber in Raubkopierte CD’s welche man an jeder Strassenecke für einen Dollar kaufen kann.

Am Lago Atitlán

Um unsere Floh Attacke und die wirklich schmuddelige Indiounterkunft zu verdauen relaxen wir an einem See in Guatemala. Der Lago Atitlán liegt in bergigem Gebiet und ist von vielen imposanten Vulkanen umgeben; das Dorf Panajachel ist ein Ferienort erster Güte und dementsprechend viele Amis sind hier – man kommt sich gar nicht mehr vor als wäre man in Lateinamerika... Zeit für Jana sich auf Souvenirjagt zu machen; und so streunt sie denn auch unermüdlich durch die Märkte und verpulvert so viel Geld dass der Bankangestellte sie bald persönlich kennt. Natürlich kommt am Abreisetag das grosse Wehgeschrei aus Janas Ecke als sie versucht all ihre Einkäufe in ihren schon vorher ziemlich vollgestopften Rucksack zu quetschen...

Das Ende unserer Reise rückt immer näher – und das gepaart mit der Regenzeit, welche sich langsam bemerkbar macht drückt merklich auf unsere Stimmung. Nach bald einem halben Jahr herumreisen in Zentralamerika haben wir schon viel gesehen und erlebt, so das wir so abgestumpft sind dass wir uns kaum mehr begeistern können wenn wir nicht immer auf ausgefalleneren Pfaden wandeln.

Trotzdem kann man hier eine wunderbare Zeit verbringen. Man sitzt in stilvollen Restaurants am See, schlürft einen Fruchtsaft und geniesst das See- und Vulkanpanorama. Wir mieten Fahrräder, fahren damit am See entlang – kurzum es ist fast wie bei uns im Tessin.

Donnerstag, Juli 25, 2002

Bei den Indios in Todos Santos

Die nächste Busfahrt welche uns weiter in die Berge und näher zu den Indios bringen soll ist wieder einmal ein gutes Beispiel dafür dass man hier Distanzen nicht mit Kilometern messen darf: Für 61 Kilometer verbringen wir geschlagene fünf Stunden im Bus auf höchst ungemütlichen Sitzen. Kommt noch hinzu dass mir seit einigen Tagen mein Hintern zu sagen versucht dass er nicht geneigt ist diese Bus Tortour länger mitzumachen, denn irgendwie habe ich mir wohl einen Minihexenschuss eingefangen welche mir jede Bewegung - und insbesondere das Sitzen - zur Qual macht. Das einfachste wäre wohl mir etwas Fett am Hintern anzufressen um meinen verwöhnten Popo etwas zupolstern, aber nur mit Tortillas und Frijoles ist das gar nicht so leicht! Ein paar Tage später (mittlerweile gebe ich einziemlich trauriges Bild ab und liege wo man nur kann auf dem Bauch in der Gegend herum) erreichen wir Todos Santos, ein kleines Bergdorf welches fast nur von Indios bewohnt wird. Zwei Stunden später gewährt uns eine Indiofrau gegen Gebühr Asyl in ihrem Haus, wo sie mit ihren zwei Töchtern und ihrer Mutter wohnt. Schlafen müssen wir bei ihrer Schwester weil ihr Haus nur aus einem Raum besteht. In diesem Raum wird geschlafen, gekocht, gegessen, und gearbeitet. Die Wände des Hauses sind aus Erde gebaut und auch der Fussboden ist Erdboden. In einer Ecke des düsteren Raumes ist die Schlafstätte, knapp über dem Boden mit schmutzigen Fellen als Unterlage und haufenweise zerwuschelten uralten Decken darauf, wo Rosa zusammen mit ihren zwei Töchtern und ihrer Mutter schläft. In der Mitte des Raumes lodert ein Feuer welches Licht und Wärme spendet und worauf auch gekocht wird. Und es sind echt leckere Sachen welche Rosa für uns auf diesem Feuer zubereitet, so gut obwohl einfach haben wir schon lange nicht mehr gespiesen! Gegessen wird mit Händen und auf dem Erdboden um das Feuer herum, denn Tische, Stühle und Besteck benutzt man hier nicht, auch keine Regale, alles liegt etwas chaotisch auf dem Fussboden herum. So sitzen auch wir in Jacken gehüllt, denn es ist ziemlich kalt, auf dem Fussboden und essen mit Händen aus unserem Schälchen...



Zurück zu unserem Schlafraum! Tja, also Schlafraum ist vielleicht etwas Schönfärberei, eigentlich ist es ein Lagerraum welcher in etwa wie ein alter Keller aussieht: Feucht, sehr kalt, mit Erdboden und Maus. Die Maus - sehr clever ist sie nicht denn schon während man uns das "Zimmer" zeigt huscht ein Mäuseschatten umher und kaum fünf Minuten später hat sie sich schon am alten, modrigen mit Spinnweben verhangenen Holzregal hochgeangelt um unsere Rucksäcke zu inspizieren. So nicht, meine liebe Maus! "Wir oder die Maus" ist das Motto, und weil keine Partei freiwillig den Lagerraum verlässt bauen wir eine Falle die die Welt seines gleichen noch nicht gesehen hat: Mit Hilfe von Brettern und alten Glasflaschen bauen wir eine Umzäunung samt "Fluchtgang" zur Türe, mitsamt einer Mäuserampe über die Türschwelle. Leider scheint die Maus ein grosser Stratege zu sein, denn sie durchschaut unseren Plan und macht sich unbemerkt aus dem Staub. Was folgt ist eine wilde Hetzjagd mit Machete und Taschenlampe um die Maus immer wieder aus ihren Schlupflöchern zu jagen - schliesslich ist sie so geschafft dass sie nur noch Gottergeben und keuchend in einer Ecke sitzt und uns mit grossen Kulleraugen anstarrt. Als wir die Maus, sicher verwahrt in einer alten Plastikschüssel, in Nachbars Garten ins Exil schicken wollen kommt uns eine ziemlich verwunderte Gastgeberin entgegen. "Wie die Tiere!" Meint sie immer wieder, sich auf unseren Tumult beziehend und neugierig auf die Plastikschüssel schielend. Als wir ihr erzählen dass wir eine Maus in ihrem Haus gefangen haben ist sie vollends aus dem Häuschen und schlägt sofort vor dass wir das Todesurteil vollstrecken - aber natürlich liefern wir unseren kleinen Gefangenen nicht aus, sondern begnadigen ihn. Trotzdem ist uns die Frau unglaublich dankbar und kann es immer noch nicht fassen dass wir die Maus gefangen aber nicht gekillt haben - Komische Kerle diese Europäer...

Die anschliessende Nacht ist denn auch nicht wirklich angenehm: Überall hört und spürt man Insektenbeine krabbeln, man hat das Gefühl unsere ganze Schlafstätte lebt - und wir haben die alte Wolldecke bitter nötig um uns vor der feuchten und kalten Luft zu schützen. Jana ist nicht mehr wirklich glücklich darüber dass wir uns bei einer armen Indiofamilie einquartiert haben (welche sich wirklich Mühe geben und sehr nett sind) anstatt in eine Hospedaje zu gehen wie andere Touristen. Zu dieser Meinung hat das Bad sehr viel beigetragen: Muss man auf die Toilette findet man sich in einem finsteren Loch wieder und steht einem schmutzigen fauchenden, und in alle Richtungen spritzenden Ungetüm gegenüber, welches einmal ein Klo war. Aber leider ist der Spülkasten kaputt und so ist der gesamte Boden immer circa drei Zentimeter mit Wasser überflutet und in der Ecke türmt sich das gebrauchte Klopapier. Die Dusche nebenan wird von den männlichen Bewohnern als Stehklo missbraucht und hat ihre ursprüngliche Funktion längst verloren. Denn die Leute gehen hier jeden Samstag Abend in die Sauna. Dort wäscht man sich einmal die Woche und zieht neue Klamotten an um für den Markt am Sonntag gerüstet zu sein. Weil es hier in den Bergen wirklich SEHR kalt ist und die kalte Dusche mit Doppelfunktion uns nicht reizen kann beschliessen wir auch die Sauna zu benutzen um uns zu waschen. Die Sauna ist ein kleines circa 1.5m hohes, 2m breites Steinhäuschen mit Erdboden und kleinem Schlupfloch zum reinkrabbeln. Will man die Sauna benutzen muss man zwei Stunden vorher anfeuern und Wasser in Kübeln anschleppen um es zu erwärmen, ein riesen Aufwand -aber wenn man endlich im heissen, dunklen Häuschen auf dem Bretterrost kauert und sich mit warmem Wasser waschen kann weiss man: der Aufwand hat sich gelohnt!

Der Markt am Sonntag ist das Highlight für die Leute hier. Obwohl man hier noch die ganze Woche über die sorgfältig gearbeitete, schöne Tracht trägt - die Männer rote Hosen mit weissen Streifen und ein weites weisses Hemd mit Hut, und die Frauen weite Röcke mit gewebten bunten Hemden - putzt man sich für den Sonntag besonders sorgfältig heraus. Hier wird alles eingekauft was man braucht und wir lassen uns stundenlang einfach in diesen farbigen und quirligen Gewühl mittreiben, geniessen das Leben rings um uns herum und lassen das ganze vor der imponierenden Bergkulisse auf uns einwirken. Guatemala pur! Auch unsere Gastgeberin, Rosa, webt diese feinen Stoffe für die Trachten und so erfahren wir dass man drei Monate lang weben muss bis man ein Hemd daraus machen kann - Wahnsinnsarbeit! Und so tut es einem denn auch weh wenn man sieht zu welchen Preisen diese Stoffe auf den Märkten an Touristen verkauft werden.

Dass die Leute hier in friedlicher Koexistenz mit diversen Krabbeltierchen leben erfahren wir auch erst später, als uns Rosa eines Morgens fragt ob wir denn gut geschlafen hätten und ob wir wirklich keine "Pulgas" in unseren Betten haben, was sie kaum glauben kann. Pulgas? Was zum Kuckuck sind denn Pulgas? - Mein Dicionario löst das Rätsel: Flöhe! Oh weh, das hatten wir befürchtet - und schlafen fortan um einiges weniger gut, aber für die Menschen hier sind Flöhe und Läuse praktisch selbstverständlich...

Nachts um drei Uhr in irgend einem Hotelzimmer nach dem Todos Santos Besuch. Ich habe wieder einmal eine Juck- und Krabbelattacke und denke im Halbschlaf nur an Moskitos, aber irgendwann dämmert es mit dass Mücken normalerweise nicht unter dem Bettlacken zuschlagen... SCHEISSE! Flöhe! Es scheint ganz so als ob sich so ein Todos Santos Floh - oder sogar eine ganze Flohfamilie, den vielen Stichen nach - mich als neuen Wohnort und Fressplatz auserkoren haben! Die restliche Nacht schlafe ich denn auch nicht wirklich gut und wetze am Morgen, noch im Schlafzeugs, durch die Stadt zur nächsten Apotheke. Die gute Frau in der Apotheke will mir weismachen dass Flöhe nicht auf Menschen leben sondern nur in Betten, ich deshalb nicht so ein Theater veranstalten soll. Schliesslich kaufe ich einen Anti-Insektenspray (Killt sogar Kakerlaken!) und kehre damit ins Zimmer zurück. Dort erkläre ich meinem Floh umgehend den Krieg und beschliesse die Genfer Konvention zu verletzen indem ich Giftgas einsetze. Kurz darauf habe ich mich von oben bis unten mit dem Zeugs ("Haut- und Augenkontakt vermeiden, nicht einatmen") eingesprayt und warte eine Viertelstunde in dem Nebel um sicherzugehen das nichts überlebt hat. Danach stehe ich laut fluchend sicher eine halbe Stunde unter der eiskalten Dusche und versuche das Zeugs welches mittlerweile an meinem ganzen Körper juckt mit mässigem Erfolg loszukriegen. Und: Der Floh ist Geschichte, er hat den Angriff anscheinend nicht überlebt!

Donnerstag, Juli 18, 2002

Ab in den Untergrund

Lanquin hat auch noch ein über zehn Kilometer langes Höhlensystem zu bieten, welches auf den ersten paar hundert Metern ausgebaut ist, inklusive Beleuchtung. Kurz nach vier Uhr Abends traben wir vor dem Gittertor welches den Höhleneingang versperrt an und lassen uns sagen dass die Höhle um 16 Uhr schliessen würde. Na toll! Praktischerweise kann man die Absperrung umklettern so dass wir doch noch zu unserem Höhlenrundgang kommen - und ohne Beleuchtung nur mit einer Kerze und einem kleinen zwei Dollar Radio mit eingebauter Mini-Lampe ausgerüstet wird das ganze noch viel eindrücklicher. Das flackernde Kerzenlicht lässt die Höhlenwände mit den Stalaktiten und Stalagmiten in bizarren Schattenmustern um uns herumtanzen, und vielfach werden die verschiedenen Galerien so gross dass sich die Felsen in der pechschwarzen Dunkelheit verlieren. Ziemlich Imposant! Natürlich kommt was kommen muss mit meinem untrüglichen Orientierungssinn: Wir kommen vom Weg ab und ich trete mit meinem Fuss ins Leere. Weil meine Kerze die schlechte Eigenschaft hat nur nach oben zu Leuchten sehe ich erst als Jana mit dem "Lampenradio" ankommt dass es hier etwa fünf Meter runtergeht - Das wäre wohl ein etwas zu spektakulärer Weg gewesen!

Als wir beschliessen umzukehren merken wir dass diese Galerie vier Ausgänge hat, plus einige Nischen und Spalten welche wir zuerst als Ausgänge ausschliessen müssen, und bei diesem miesen Kerzenlicht sehen halt alle Gänge gleich aus. Aber wir haben ja immer noch die Möglichkeit den nächsten Tag abzuwarten bis die Wärter das Licht anschalten, denn wir befinden uns vorsichtigerweise immer noch im ausgebauten Bereich; aber die einfache Variante ist einfach alle Gänge auszuprobieren solange wir noch Licht haben oder auf die Fledermäuse zu warten. Gesagt getan und Dank Janas gut ausgeprägtem Riechorgan erschnüffelt sie uns bald den richtigen Weg und schon sind wir zwei Hobby Wühlmäuse wieder beim Höhleneingang.
Hier machen wir es uns gemütlich und warten auf die Dämmerung um Fledermäuse zu beobachten. Eine halbe Stunde vor der Dämmerung beginnen wir in der Höhle Hunderte von Fiep-Lauten zu vernehmen und langsam erwachen zehntausende von Tieren zu Leben und strömen an uns vorbei in die beginnende Nacht. über eine halbe Stunde lang flattert eine schwarze Wolke von Fledermäusen an uns und der Kerze vorbei ins Freie und trotz ihres genialen Ortungssystems touchieren uns ab und zu einige dieser Tiere. Wahnsinn!

Dienstag, Juli 16, 2002

Natur in Lanquin


Lanquin ist ein kleines Dorf in den Bergen und die Backpacker zieht es in erster Linie dorthin wegen Semuc Champey, einer dreihundert Meter breiten Sandsteinbrücke unter welcher ein wild schäumender Fluss in die Dunkelheit verschwindet um später tosend wieder ans Tageslicht zu stürzen. Auf der Brücke merkt man denn ausser einem leisen Rauschen nichts von den Wassermassen welche sich unter einem durchquetschen - sondern geniesst die Sonne und das angenehme tiefblaue Wasser in den natürlichen Pools welche von einem anderen Bach gespiesen werden und in einer Art Wassertreppe von Pool zu Pool fliessen. Zum Glück ist der Ort nur mit 4x4 Pick-Ups zu erreichen, so hält sich die Besucherzahl in Grenzen und Jana kann in Ruhe eine faule schwarze Kröte fotografieren.

Die Umgebung von Lanquin bietet auch eine gute Ausrede für kleinere Wanderungen, der Backpackerbesitzer erzählt von einem kleinen Höhlensystem welches man besuchen könne - aber leider liegt das auf der anderen Seite des Flusses und leider hat man vergessen eine Brücke zu bauen. So packe ich meinen Rucksack mitsamt den Büchern, meinem Fotoapparat, Wasserflasche und Klamotten unter Janas zweifelnder Miene (Ihr geliebtes Fotospielzeug wollte sie mir nicht anvertrauen) in eine Plastiktüte und binde das ganze zu. Der Fluss ist dann doch etwas reissender als angenommen als wir ihn durchschwimmen und darum fische ich eine mit ihrem beinahe-verlorenen-Schuh kämpfende Jana zum ersten Mal aus dem Wasser. Ein paar Stunden später, auf dem Rückweg, fische ich zum zweiten Mal eine, sich an einem ins Wasser hängenden Ast festklammernde, Jana aus dem Fluss. Noch am selben Tag befreie ich noch eine am Ast hängende Amerikanerin vom Fluss welche zu einer Gruppe gehört welche in Autoreifen den Fluss runtertreibt - Hmmm, der Fluss scheint also in der Regenzeit doch mehr Wasser zu führen... Der Rucksack bleibt übrigens bis auf ein feuchtes Buch ganz trocken!

Montag, Juli 15, 2002

Und wieder einmal Busreisen...

Weiter geht's mit langen und anstrengenden Busfahrten über schlechte Strassen Richtung Berge. Hier in Zentralamerika ist es üblich dass Dich die Busfahrer an einer Kreuzung mitten im Nichts absetzen mit der Bemerkung: "Es wird ein anderer Bus vorbeikommen welcher euch mitnimmt"; und dann sitzt Du mit deinem Rucksack an irgend einer menschenleeren staubigen Strasse und hoffst auf einen Bus. Aber bis jetzt hat es erstaunlicherweise auch immer geklappt... Überhaupt ist das hier mit dem Busfahren so eine Sache: Es scheint keine öffentlichen Fahrpläne zu geben, hier muss man sich durchfragen, kriegt sich widersprechende Antworten und wird manchmal sogar zum Haus des Busfahrers verwiesen; wo man dann am nächsten Morgen auch einsteigt bevor er die Leute einsammeln geht.

Anyway, auch an diesem Tag werden wir kurz vor dem Eindunkeln wieder an einer Strassenkreuzung ausgesetzt. Der Nachteil diesmal: Es regnet. Der Vorteil: Es hat eine kleine Pulperia wo man halbwegs geschützt ist. Aber die mürrische Bedienung sagt uns dass der nächste Bus erst in eineinhalb Stunden kommen wird... Glücklicherweise nimmt uns ein Lastwagen mit, was uns zunächst aber vor neue Probleme stellt: Jana steht wie ein geprügelter junger Hund mit hängenden Ohren im Regen, starrt mit grossen Augen auf den Lastwagen und sagt: "Das mach ich nicht!". Denn um auf die Ladefläche zu kommen muss man hier zuerst die über zwei Meter hohe Bretterwand erklimmen, sich unter der Regenplane durchquetschen, um sich danach auf der anderen Seite herunterfallen zu lassen - was gar nicht so einfach ist mit einem schweren Rucksack auf dem Rücken und einem am Bauch. Aber der Beifahrer hat Erbarmen und schlüpft auf die Ladefläche und wir können komfortabel im Führerhaus mitfahren. Der Lastwagenfahrer, ein Indio, freut sich dass wir von soweit hergekommen sind um seine Stadt zu besuchen und redet und lächelt ununterbrochen und setzt uns mit seinem Lastwagen genau vor der Hospedaje ab.

Sonntag, Juli 14, 2002

Mayastätten

Aber trotzdem besuchen wir Tikal, eine Ruinenstadt der Mayas welche in ihrer Blütezeit (700 AD) über 100'000 Einwohner hatte, nur zweihundert Jahre später aus mysteriösen Gründen verlassen wurde und erst 1848 wiederentdeckt wurde. Das interessante von Tikal sind die restaurierten bis zu siebzig Meter hohen Tempel welche den Urwald überragen und auf denen man eine tolle Aussicht über den Dschungel hat -nordwärts sind es sechshundert Kilometer Nonstop Dschungel bis zur nächsten Mexikanischen Stadt. Allerdings werde ich hier der Illusion beraubt dass die Maya Stätten aussehen würden wie in den Indiana Jones Filmen - Aber die noch nicht restaurierten Tempel sind kaum zu erkennen, so mit Erde überdeckt und mit Bäumen bewachsen sind sie. Die heutigen Bewohner von Tikal sind kuschelige Ameisenbärartige Viecher welche jegliche Scheu vor Touristen abgelegt haben - In der Regel sieht man zuerst einen hochaufragenden Schwanz hinter irgendwelchen Ruinen auf- und abtanzen bis dann schliesslich eine neugierige behaarte Schnauze mit schwarzen Kulleraugen auftaucht. Ein ganz freches Exemplar marschiert schnüffelnd einen ganzen Kreis um Jana welche in der Zwischenzeit hektisch versucht ein Porträt zu knipsen - Ihrer guten Laune nach zu urteilen war sie dieses Mal erfolgreich ;-).

Wir beschliessen eine zweite, weit weniger eindrucksvolle Mayastätte zu besuchen welche nicht so leicht über eine asphaltierte Strasse erreicht werden kann - denn das Beste an den Ruinenausflügen ist doch wenn man mitten in der Natur eine vor Jahrhunderten verlassene Stadt auftauchen sieht. Um die Bootsmiete für die einstündige Anfahrt bezahlbar zu machen schliessen wir uns mit drei Belgiern zusammen und brausen bald darauf einen träge vor sich hin fliessenden tiefbraunen Fluss hoch - mitten durch unberührte Natur. Am Zielort angekommen erleichtern uns zwei Polizisten welche gelangweilt mitten im Nichts des Grüns auf einem am Boden liegenden Baumstamm sitzen um einen halben Dollar Eintrittsgebühr. Jetzt trennt uns nur noch eine halbe Stunde Fussmarsch über einen Pfad durch den eindrucksvollen Dschungel von den Ruinen. Aber die Moskitos machen uns einen Strich durch die Rechnung: In schwarzen Wolken fallen sie über uns her, mir können sie Dank geeigneter Kleidung und Kin-Kon (dem hiesigen Anti-Brumm - "mas efectivo!!" & "Im Falle einer Vergiftung rufen sie den Arzt" steht darauf) nichts antun. Aber der Belgier kann vor lauter um sich schlagen nicht einmal mehr seine Digicam halten. Die Ruinen sind denn auch nicht wirklich eindrucksvoll, aber dafür war die Anreise toll...

Donnerstag, Juli 11, 2002

Auf nach Guatemala

Guatemala. Endlich bin ich hier - doch leider bleiben nur noch zwei Monate übrig bis mich das Flugzeug zurückbringt, die Zeit fliegt so schnell vorbei... Aber vorerst bin ich ja noch hier, merke allerdings wenig davon dass ich mich jetzt im Land der Berge, der immer noch lebendigen Indiokultur und der Mayas befinde - Denn wir reisen zuerst im Karibikteil des Landes welcher sich doch sehr von den Highlands unterscheidet. Im Lonely-Planet wird eine Backpacker-Finca in Poptun über eine Seite lang hochgelobt, was ein absoluter Rekord ist. Aber leider, leider entpuppen sich die Treehouses als stillose Holzhäuschen auf Pfosten welche im zwanzig Meter Abstand auf einer Wiese mit Golfrasen stehen, die Adventure Trips sind Reittouren zu irgendwelchen Flüssen und anstatt dass all dieses in eine Finca verpackt ist gibt es ein Restaurant im europäischen Stil wo wir uns auf das teure Salatbuffet stürzen wie Wölfe welche zwei Wochen lang nichts mehr gegessen haben. Endlich wieder einmal Salat mit richtigem Dressing, und sogar echtes Brot gibt es - herrlich! Am nächsten Morgen verlassen wir den Ort fluchtartig was die meisten anderen Backpacker gar nicht verstehen können - aber es ist halt nicht dieses ursprüngliche Guatemala welches wir sehen wollen... Eine Erfahrung welche mir wieder einmal zeigt dass wir besser fahren wenn wir die Lonely-Planet Highlights zugunsten von den Lonely-Planet do not's auslassen.

Samstag, Juli 06, 2002

Zum kristallklaren Wasser der Karibik

Danach geht's flott weiter mit unseren in der Zwischenzeit ziemlich schmutzigen Rucksäcken auf die Bay Islands, das sind die Karibischen Hondurasinseln, um uns von den Strapazen des Urwaldes zu erholen. Früher waren diese Inseln Schlupfwinkel für englische Piraten, heute sind sie Taucherparadies; aber noch immer dominiert dieses komische Karibikenglisch was den Inseln einen ganz besonderen Flair verleiht. Die nächsten vier Tage machen wir hier unseren Tauchschein was zu unserem empören in eine ziemliche Theorieorgie ausartet - Aber es hat sich gelohnt! Als wir dann das erste mal in diese andere Welt abtauchen und an den Korallenwänden und bunten Fischen vorbeischweben haben alle ganz grosse Augen und ich muss so grinsen dass ich Wasser schlucke... Jana musste ich sehr intensiv zum Tauchen überreden weil sie fest der Meinung ist dass sie nicht unter Wasser gehöre, und so hat sie denn auch ziemlich grosse Augen und hechelt wie ein Hund bei 40 Grad an der Sonne, als sie das erste Mal unter Wasser ist... Aber wir gewöhnen uns schnell an das neue Medium, nur manchmal schwebt sie noch wie ein Korken an die Wasseroberfläche und paddelt dort oben wie ein Wasservogel anstatt Fisch zu spielen und elegant in fünf Metern Tiefe den Sicherheitsstopp zu machen wie es der Tauchlehrer will, welcher ihr dann auch ziemlich erstaunt hinterher kuckt als sie nach oben schwebt und sich fragt was sie wohl dort oben tut... Bei unserm letzten Fundive (kostet hier nur 12$) schwimmt Jana als mein Tauchpartner genau hinter mir als wir in eine Korallenschlucht (swim-through) einbiegen; aber Jana ist so in das Korallengucken vertieft dass sie an der Abzweigung vorbeizischt und seelenruhig geradeaus weiterpaddelt. Als ich mich dann nach ihr umdrehe und sie nicht finden kann denke ich mir dass sie bestimmt wieder Korken an der Wasseroberfläche spielt (weil wir gerade am auftauchen waren) und suche deshalb die Wasseroberfläche ab - aber weit und breit keine Jana! Als ich dann langsam Angst kriege (die Korallenwand wo wir entlang geschwommen sind fällt circa 50 Meter tief ab) und mit dem Divemaster zurückschwimme kommt uns eine völlig ahnungslose immer noch-die-Korallen-bestaunende Jana ruhig entgegen gepaddelt. Hätte sie der Divemaster nicht zusammengeschissen hätte ich es getan!





Nachdem wir also in 80 Fuss Tiefe ein Wrack bestaunt haben und das Riff auch noch mit Schnorcheln erkundet haben, wo ich Dussel in eine Qualle hineingeschwommen bin (was ziemlich unangenehm ist) beschliessen wir Robinson Crusoe zu spielen und auf einer dieser vorgelagerten Miniinseln zu übernachten, welche nur aus weissem Strand und ein paar Palmen bestehen. Aber nachdem wir uns bei den Einheimischen Bootsbesitzern erkundigt habe wissen wir dass alle privat sind bis auf eine - und auf dieser ist alles ziemlich Touristisch, was nicht gerade unsere Idealvorstellung ist. Unser genialer Ausweichplan besteht darin einfach auf die andere Seite der Insel zu wandern (welche unbewohnt ist) und dort eine Nacht am Strand zu verbringen. So traben wir also, kaum sind die Wunden von unserem letzten Hikingtrip verheilt, wegen einer Schnapsidee mit Wasser, Essen und Hängematten los... Und weil ich leider nicht den Orientierungssinn einer Brieftaube habe, verlaufen wir uns natürlich und landen an einem ganz anderen Strand. Auf dem Weg dahin entdecken wir einen Mangobaum und wir können so unseren Essvorrat aufstocken - wenn ich nicht so verfressen gewesen wäre und nicht gleich alle aufgegessen hätte.

Endlich am Strand angekommen verwandeln wir uns sofort von prustenden Walrössern in fleissige Bienchen: Ich habe mir vorgenommen die wohl nobelste Feuerstelle in der ganzen Karibik zu bauen und schleppe daher allerlei Sachen und Holz kreuz und quer über den Strand; während Jana eine unschuldige und verängstigte Krabbe entdeckt hat welche sie mit ihrem Fotoapparat über die halbe Küste jagt, immer vorsichtig von Stein zu Stein hüpfend und die Kamera balancierend. Aber natürlich schafft sie es nicht ein Foto zu knipsen und macht dafür aus Frust X Fotos von einem ganz normalen schwarzen Seeigel... Tsts, Leute gibt's! Später löschen wir unseren Durst mit Kokosnüssen welche man haufenweise findet und Jana schnippelt sicher zwanzig Minuten mit der Machete an einem Exemplar herum ohne ihr auch nur einen Tropfen Kokosmilch zu entlocken - dafür sieht diese misshandelte Kokosnuss auch wirklich skurril aus. Anyway, die Feuerstelle mit Steinbänken und Windschutz steht und die Hängematten baumeln zwischen den Palmen als der Himmel immer dunkler wird. Sechs Tage sind wir nun auf dieser Insel und nie hat es geregnet, also wird es wohl auch heute kein Gewitter geben, oder? -Eine halbe Stunde später suchen wir Unterschlupf unter einem alten Treehouse wo wir (Jana sei Dank) noch das Palmwedeldach so gut als möglich ausbessern um vor dem Regen geschützt zu sein - was nur einigermassen gelingt, und so wird es eine ziemlich lange Nacht und wir tapsen am nächsten Tag denn auch ziemlich zerfleddert Richtung Dorf zurück...

Um etwas Abwechslung in die schier endlose Busfahrerei zu bringen planen wir die letzte funktionierende Bahnstrecke von Honduras mit ein: Ein uraltes koloniales Überbleibsel aus dem Kaffeeboom des letzten Jahrhunderts welches noch zweimal die Woche durch längst verlassene Plantagen holpert. Als wir losfahren stösst die Diesellok beängstigend grosse schwarze Qualmwolken aus und schon holpern wir auf alten Holzbänken über schon fast zugewachsene Schienen durch verlassene Plantagen - und die Passagiere (Wir sind die einzigen Touristen) lachen jedes Mal wenn's besonders arg holpert und wir wieder auf unseren Holzbänken herumfliegen. Die letzten Tage in Honduras verbringen wir noch an der Karibikküste, denn so schnell werde ich das karibische Meer wohl nicht wiedersehen... Der Schweizer Besitzer des Backpackers wo wir uns einquartiert haben stellt uns Seekajaks zur Verfügung und so paddeln wir mit ihnen los um eine Lagune zu erkunden - einfach um unseren Entdeckerdrang zu befriedigen. Dass paddeln nicht unsere ureigenste Bestimmung ist merken wir daran dass ich üble Blasen an den Händen kriege und dass bei Jana das zurückpaddeln zum Strand nicht wirklich elegant ausgesehen hat. Tja, eigentlich ist sie auf allen vieren, das Paddel hinter sich herziehend, an Land gekrochen weil sie von einer Welle ins Wasser geschubst wurde.